Infrarotfotografie – Die unsichtbare Welt sichtbar machen

Die Welt, wie wir sie kennen, ist nur ein Ausschnitt dessen, was wirklich existiert. Unsere Augen sind auf das sichtbare Spektrum des Lichts beschränkt – doch jenseits von Rot liegt ein faszinierender Bereich: das Infrarotspektrum. Die Infrarotfotografie erlaubt es Fotograf:innen, diese unsichtbare Welt einzufangen und eröffnet dabei eine ganz neue, oft surreale Ästhetik. In diesem Blogbeitrag erfährst du, wie Infrarotfotografie funktioniert, welche Technik du brauchst und welche kreativen Möglichkeiten sich dir bieten.

Was ist Infrarotlicht?

Infrarotlicht (IR) liegt jenseits des sichtbaren roten Endes des Lichtspektrums – ungefähr im Bereich von 700 nm bis 1000 nm Wellenlänge. Menschen können dieses Licht nicht sehen, Kameras hingegen können es (mit Einschränkungen) registrieren. Pflanzen, Himmel, Haut und Kleidung reflektieren Infrarotlicht ganz unterschiedlich – das Resultat sind dramatisch kontrastreiche und oft traumhafte Bilder.
Warum Infrarotfotografie?

Die Infrarotfotografie bietet:

Surreale Landschaften: Pflanzen reflektieren IR-Licht stark und erscheinen weiß – der sogenannte Wood-Effekt.

Dramatische Himmelskontraste: Blau wird nahezu schwarz, Wolken heben sich deutlich ab.

Außergewöhnliche Porträts: Haut erscheint weich und fast „wachsartig“, Poren und Unreinheiten verschwinden.

Einzigartige Nachtaufnahmen: Mit Infrarot lassen sich Motive auch bei Dunkelheit darstellen (vor allem mit künstlicher IR-Beleuchtung).

Technik und Ausrüstung
1. Kamera

Es gibt drei Möglichkeiten:
a) Unmodifizierte Kamera + IR-Filter . Du setzt einen IR-Filter (z. B. Hoya R72) vor das Objektiv.

Vorteil: Günstig. Nachteil: Lange Belichtungszeiten (mehrere Sekunden), da der IR-Sperrfilter vor dem Sensor fast alles IR-Licht blockiert.

b) Kamera-Umbau (IR-Konversion)

Der interne IR-Sperrfilter wird ausgebaut und durch einen Filter ersetzt, der nur IR-Licht durchlässt (z. B. 720 nm, 850 nm).

Vorteil: Normale Belichtungszeiten, fokussieren möglich.

Nachteil: Kamera ist nicht mehr für normale Fotografie nutzbar (außer mit externem Filter).

c) Multispektralkameras

Spezialkameras für Wissenschaft oder Überwachung.

Vorteil: Professionelle IR-Erfassung.

Nachteil: Sehr teuer, kaum notwendig für kreative IR-Fotografie.

2. Objektivwahl

Nicht alle Objektive sind geeignet! Manche erzeugen sogenannte „Hotspots“ – helle Flecken im Bildzentrum bei IR-Licht.

Daher Recherchiere dein Objektiv auf IR-Kompatibilität!

3. IR-Filtertypen

Je nach gewünschtem Look kann man unterschiedliche Wellenlängen wählen:

590 nm (Goldie Look): Mehr sichtbares Licht, bunte Falschfarben möglich.

720 nm (Standard): Typischer IR-Look, weißes Laub, dunkler Himmel.

850 nm: Fast ausschließlich IR, schwarz-weiß-ähnlicher Kontrast.

Fotografieren im Infrarotspektrum – Schritt für Schritt

– Filter montieren (oder modifizierte Kamera verwenden)

– Fokussieren (vor dem Anbringen des Filters bei unmodifizierten Kameras!)

– Belichtungszeit anpassen – je nach Filter und Lichtverhältnissen sind mehrere Sekunden nötig.

– RAW fotografieren – wichtig für die Nachbearbeitung.

– Weißabgleich manuell setzen – z. B. auf grünes Gras (für „echte“ IR-Töne).

– Nachbearbeitung (siehe unten)

– Bildbearbeitung in der Infrarotfotografie

Die Bearbeitung ist ein wesentlicher Bestandteil – besonders bei Farb-Infrarot:
Typische Bearbeitungsschritte:

– Weißabgleich korrigieren (z. B. in Lightroom oder RawTherapee)

– Rotes und Blaues Farbsignal tauschen (Kanaltausch) : Gibt surreal-blaue Himmel und weiße Pflanzen

– Kontrastanpassung

Schwarz-Weiß-Konvertierung (optional für minimalistische IR-Bilder)

Hotspot-Entfernung (falls vorhanden)

Kreative Tipps und Inspiration

Verlassene Orte: IR verstärkt das Gefühl von Verfall und Surrealität.

Pflanzenreiche Szenerien: Wälder, Parks und Felder sind ideal.

Architektur: Stein und Metall reagieren anders als organische Materialien.

Langzeitbelichtungen: Kombiniere IR mit ND-Filtern für besonders glatte Wasseroberflächen und ziehende Wolken.

Fazit

Die Infrarotfotografie ist ein faszinierender Weg, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. Mit ein wenig technischer Vorbereitung und kreativer Neugier kannst du Bilder schaffen, die wie aus einer anderen Dimension wirken. Ob in Schwarz-Weiß oder mit surrealen Farben – Infrarotfotos haben das Potenzial, Aufmerksamkeit zu erregen und den Betrachter zum Staunen zu bringen.

Hier geht es zu einer kleinen Galerie meiner IR-Bilder

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